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Die deutsche privatnützige Familienstiftung

Ihr umfassender Guide zu Vermögensschutz, Steuern & Nachfolge

Die deutsche privatnützige Familienstiftung stellt ein spezifisches Rechtsinstitut dar, das primär den Interessen einer oder mehrerer Familien dient. Sie hat sich als ein bedeutsames Instrument in der langfristigen Vermögenssicherung, der komplexen Nachfolgeplanung und der kontinuierlichen Versorgung von Familienangehörigen über Generationen hinweg etabliert. Die Entscheidung für eine Familienstiftung ist jedoch vielschichtig und erfordert eine sorgfältige, vorausschauende Planung, insbesondere im Hinblick auf die detaillierten rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen, die ihre Struktur und Funktionsweise maßgeblich prägen.
Die Familienstiftung bewegt sich in einem interessanten Spannungsfeld zwischen Tradition und Moderne. Historisch als Instrument zur Wahrung des Familienvermögens und der dynastischen Kontinuität konzipiert, muss sie heute im Kontext sich wandelnder Familienstrukturen, wie beispielsweise Patchwork-Familien, und globalisierter Vermögenswerte neu bewertet und gestaltet werden. Das traditionelle "Ewigkeitsprinzip" der Stiftung trifft auf moderne Lebensentwürfe und individuelle Bedürfnisse der Begünstigten, was einen erhöhten Bedarf an Flexibilität in der Satzungsgestaltung – soweit rechtlich zulässig – oder die Erwägung alternativer Strukturierungsformen impliziert.
Trotz ihrer inhärenten Komplexität und des nicht unerheblichen Aufwands bei Errichtung und Verwaltung ist ein wachsendes Interesse an Familienstiftungen zu beobachten. Diese Entwicklung deutet auf einen gestiegenen Bedarf an langfristiger Vermögenssicherung und effektiver Asset Protection in einem zunehmend dynamischen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umfeld hin. Vermögende Privatpersonen und Unternehmer schätzen die Stiftung als Mittel, um ihr Lebenswerk zu schützen und den Zusammenhalt des Familienvermögens über die eigene Lebenszeit hinaus zu gewährleisten. Die wahrgenommenen Vorteile, insbesondere der Schutz des Vermögens und die geordnete Nachfolgeregelung, scheinen für viele die Nachteile einer sorgfältig geplanten Stiftungslösung aufzuwiegen oder zumindest eine intensive Auseinandersetzung mit diesem Instrument zu rechtfertigen. Dieser Beitrag soll die notwendigen Informationen für eine solche fundierte Auseinandersetzung bereitstellen.

1. Wesen und Charakteristika der Familienstiftung

Definition und Rechtsnatur

Die Familienstiftung ist eine juristische Person des privaten Rechts, die durch den Stifter mit einem Vermögen ausgestattet wird, um einen von ihm vorgegebenen Zweck dauerhaft und nachhaltig zu erfüllen, wie es § 80 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) definiert. Ein wesentliches Merkmal ist ihre Mitgliederlosigkeit; die Stiftung "gehört sich selbst" und ist somit von den persönlichen Schicksalen des Stifters oder der Begünstigten unabhängig.
Der entscheidende Unterschied zur gemeinnützigen Stiftung liegt im Stiftungszweck. Während gemeinnützige Stiftungen dem Allgemeinwohl dienen und dafür steuerliche Privilegien genießen (vgl. §§ 51 ff. Abgabenordnung (AO)) , ist die Familienstiftung privatnützig ausgerichtet. Sie dient den spezifischen Interessen eines abgeschlossenen Personenkreises, typischerweise den Mitgliedern einer oder mehrerer Familien. Folglich ist sie grundsätzlich nicht steuerbegünstigt. Diese klare Abgrenzung ist fundamental für die korrekte steuerliche und rechtliche Einordnung.

Das Prinzip der Vermögensbindung und der "Ewigkeitscharakter"

Ein Kernprinzip der Familienstiftung ist die dauerhafte Bindung des eingebrachten Vermögens. Dieses wird dem direkten Zugriff des Stifters, seiner Erben und sonstiger Dritter entzogen und dient ausschließlich der Verwirklichung des in der Satzung festgelegten Stiftungszwecks. Diese Verselbstständigung des Vermögens ist die Basis für den oft angestrebten langfristigen Schutz.
Für die sogenannte Ewigkeitsstiftung, die den Regelfall darstellt, gilt der Grundsatz des ungeschmälerten Kapitalerhalts (vgl. § 83c Abs. 1 BGB). Die Stiftung erfüllt ihre Aufgaben primär aus den Erträgen des Stiftungsvermögens. Das BGB sieht jedoch seit der Stiftungsrechtsreform 2023 mit § 80 Abs. 1 Satz 2 BGB auch die Möglichkeit einer Verbrauchsstiftung vor, deren Vermögen innerhalb einer bestimmten Zeit für den Stiftungszweck verbraucht werden soll. Für Familienstiftungen, die auf Langfristigkeit und Generationenversorgung ausgerichtet sind, ist die Ewigkeitsstiftung jedoch die typische Form. Der "Ewigkeitscharakter" ist zentral für die langfristige Sicherung des Vermögens, bedingt aber auch eine gewisse Inflexibilität der Struktur.
Die Stiftung fungiert hierbei gewissermaßen als "juristischer Safe". Das Vermögen wird durch die Errichtung der Stiftung und die Übertragung der Assets auf diese juristisch verselbstständigt. Es ist dem direkten Zugriff des Stifters und auch der Begünstigten entzogen. Diese Rechtsfähigkeit und die Tatsache, dass die Stiftung keine Eigentümer im herkömmlichen Sinne hat , sind nicht nur formale Aspekte. Sie bilden die Grundlage dafür, dass das Vermögen "sich selbst gehört" und somit vor externen Zugriffen – seien es Gläubiger einzelner Familienmitglieder, Pflichtteilsberechtigte nach Ablauf bestimmter Fristen oder Ansprüche im Rahmen von Scheidungsverfahren – geschützt ist. Dieser effektive Vermögensschutz hat jedoch seinen Preis: den endgültigen Verzicht des Stifters und seiner Familie auf die direkte Verfügungsgewalt über das eingebrachte Vermögen. Dies stellt ein zentrales Spannungsfeld dar, das bei der Entscheidungsfindung für oder gegen eine Stiftung sorgfältig abgewogen werden muss.

Typische Zwecke einer Familienstiftung

Die Zwecke einer Familienstiftung sind vielfältig und werden vom Stifter in der Satzung festgelegt. Zu den häufigsten Zielen gehören:
  • Versorgung und Absicherung von Familienmitgliedern: Dies ist oft der primäre Zweck. Die Stiftung kann finanzielle Unterstützung für den Lebensunterhalt, die Ausbildung, im Krankheitsfall oder für andere definierte Bedürfnisse der Destinatäre über Generationen hinweg leisten.
  • Langfristige Bewahrung und Schutz des Familienvermögens (Asset Protection): Die Stiftung dient dem Schutz des Vermögens vor Zersplitterung durch Erbauseinandersetzungen, Scheidungen oder dem Zugriff von Gläubigern einzelner Familienmitglieder.
  • Nachfolgeplanung in Familienunternehmen: Insbesondere für Unternehmerfamilien ist die Stiftung ein wichtiges Instrument, um die Kontinuität des Unternehmens zu sichern, eine Zerschlagung durch Erbteilung zu verhindern und eine klare Trennung von Eigentum und Management zu ermöglichen. Die Stiftung agiert dann als dauerhafte Gesellschafterin.
  • Umgehung von Pflichtteilsansprüchen: Durch die Übertragung von Vermögen auf die Stiftung können Pflichtteilsansprüche enterbter Angehöriger nach Ablauf der Zehnjahresfrist des § 2325 BGB reduziert oder vermieden werden.
Diese vielfältigen Zwecksetzungen illustrieren die potenzielle Flexibilität der Familienstiftung bei der Verfolgung der Stifterziele. Es ist jedoch zu beachten, dass diese Flexibilität primär bei der initialen Gestaltung der Satzung besteht; die einmal etablierte Struktur ist später nur noch eingeschränkt veränderbar.
Der in der Stiftungssatzung manifestierte Stifterwille fungiert als das "Grundgesetz" der Stiftung. Er ist die oberste Maxime und bindet die Stiftungsorgane auf Dauer. Dies gewährleistet die Verfolgung der Intentionen des Gründers über dessen Tod hinaus. Die Stiftungsaufsichtsbehörden wachen über die Einhaltung dieses Willens. Diese starke Bindung an den ursprünglichen Willen kann jedoch zu Herausforderungen führen, wenn sich die externen Umstände oder die Bedürfnisse der Familie signifikant ändern und die Satzung keine ausreichenden Mechanismen für eine Anpassung vorsieht. Eine zu rigide Formulierung des Stifterwillens, die zukünftige Entwicklungen nicht antizipiert (z.B. langanhaltende Niedrigzinsphasen, veränderte Ausbildungserfordernisse der Destinatäre), kann die Handlungsfähigkeit der Stiftungsorgane stark einschränken, selbst wenn Anpassungen im wohlverstandenen Interesse der Familie und im Sinne des übergeordneten Stiftungsgedankens wären. Dies unterstreicht die immense Bedeutung einer vorausschauenden und sorgfältigen Satzungsgestaltung, die einen angemessenen Grad an Flexibilität innerhalb der rechtlichen Grenzen ermöglicht.

2. Rechtlicher Rahmen der Familienstiftung in Deutschland

Die Errichtung und Existenz einer Familienstiftung in Deutschland basiert auf einem Zusammenspiel von bundesgesetzlichen Regelungen und spezifischen Landesgesetzen, ergänzt durch die jüngste Stiftungsrechtsreform.

Gesetzliche Grundlagen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) bildet die zivilrechtliche Basis für die Stiftung. Relevant sind insbesondere folgende Vorschriften:
  • § 80 Abs. 1 BGB: Definiert die Stiftung als eine mit einem Vermögen zur dauernden und nachhaltigen Erfüllung eines vom Stifter vorgegebenen Zwecks ausgestattete, mitgliederlose juristische Person.
  • §§ 81, 82, 82a, 83 BGB: Regeln die Errichtung der Stiftung, das Stiftungsgeschäft, die Anforderungen an die Satzung und die staatliche Anerkennung.
  • §§ 83b, 83c BGB: Enthalten Bestimmungen zum Stiftungsvermögen, insbesondere zur Pflicht zur ungeschmälerten Erhaltung des Grundstockvermögens bei Ewigkeitsstiftungen.
  • §§ 84, 84a BGB: Regeln die Stiftungsorgane, insbesondere den zwingend erforderlichen Vorstand und dessen Pflichten sowie die Haftung der Organmitglieder.
Diese Vorschriften des BGB sind grundlegend für das Verständnis der zivilrechtlichen Struktur und Funktionsweise einer jeden rechtsfähigen Stiftung in Deutschland.

Landesstiftungsgesetze

Neben den bundesweiten Regelungen des BGB existieren in den einzelnen Bundesländern eigene Landesstiftungsgesetze. Diese ergänzen die Vorschriften des BGB und regeln insbesondere die Zuständigkeit der Stiftungsaufsichtsbehörden, das genaue Verfahren der Anerkennung und die Ausgestaltung der laufenden Staatsaufsicht über die Stiftungen.
Es gibt hierbei teils signifikante Unterschiede zwischen den Bundesländern. So wird beispielsweise die Aufsicht über rein privatnützige Familienstiftungen nicht in allen Ländern gleich intensiv gehandhabt. In einigen Bundesländern, wie beispielsweise Bayern, unterliegen solche Stiftungen nach ihrer Anerkennung keiner laufenden präventiven Rechtsaufsicht, sondern nur einer Aufsicht im Bedarfsfall (z.B. bei Satzungsänderungen oder Auflösung). Die Wahl des Stiftungssitzes kann daher eine strategische Entscheidung sein, die die Intensität der staatlichen Kontrolle beeinflusst.

Stiftungsrechtsreform 2023 (Gesetz zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts)

Zum 1. Juli 2023 trat das Gesetz zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts in Kraft. Diese Reform hatte zum Ziel, das bisher stark von den Landesstiftungsgesetzen und der Rechtsprechung geprägte Stiftungszivilrecht zu modernisieren, zu vereinheitlichen und mehr Rechtsklarheit zu schaffen. Wesentliche Neuerungen umfassen:
  • Erstmalige Legaldefinition der Stiftung im BGB: § 80 Abs. 1 BGB in seiner neuen Fassung definiert nunmehr ausdrücklich die Stiftung.
  • Festschreibung der Ewigkeitsstiftung als Regelfall: § 80 Abs. 1 Satz 2 BGB n.F. normiert die auf unbestimmte Zeit errichtete Stiftung als Regelfall und enthält gleichzeitig Regelungen zur (ebenfalls auf Dauer angelegten) Verbrauchsstiftung.
  • Kodifizierung der Business Judgment Rule: § 84a Abs. 2 BGB n.F. regelt nunmehr die Haftung von Stiftungsorganen und erkennt an, dass Vorstandsmitglieder nicht für jede unternehmerische Fehlentscheidung haften, sofern sie bei ihrer Entscheidung vernünftigerweise annehmen durften, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Stiftung zu handeln.
  • Bundesweit einheitliche Regelungen für Strukturänderungen: Die Voraussetzungen für Satzungsänderungen, die Umwandlung einer Ewigkeitsstiftung in eine Verbrauchsstiftung (und umgekehrt unter bestimmten Voraussetzungen), die Zulegung und die Zusammenlegung von Stiftungen sind nun umfassender und einheitlicher im BGB geregelt.
Die Stiftungsrechtsreform stellt einen signifikanten Fortschritt dar. Die stärkere Kodifizierung und bundesweite Vereinheitlichung des Stiftungszivilrechts reduziert Rechtsunsicherheiten, die sich aus der bisherigen Zersplitterung durch 16 verschiedene Landesstiftungsgesetze und eine teils divergierende Rechtsprechung ergaben. Dies erleichtert die Gründung und Verwaltung von Stiftungen, auch wenn diese länderübergreifend tätig sind oder Vermögen in verschiedenen Bundesländern halten. Insbesondere die explizite Verankerung der Business Judgment Rule im Stiftungsrecht bietet Stiftungsvorständen mehr Handlungssicherheit bei unternehmerischen Entscheidungen im Rahmen der Vermögensverwaltung.
Trotz dieser positiven Entwicklungen bleibt das Spannungsverhältnis zwischen dem Grundsatz der auf Dauer angelegten "Ewigkeitsstiftung" und der praktischen Notwendigkeit, auf veränderte Umstände reagieren zu können, eine Herausforderung. Die Reform hat zwar die Voraussetzungen für Satzungsänderungen klarer gefasst und in bestimmten Fällen erleichtert, die Hürden bleiben jedoch naturgemäß hoch, um den ursprünglichen Stifterwillen als zentrales Element der Stiftungsidee zu schützen. Dies unterstreicht weiterhin die immense Bedeutung einer vorausschauenden und sorgfältig durchdachten Satzungsgestaltung bei der Errichtung einer Familienstiftung, die sowohl die langfristigen Ziele des Stifters berücksichtigt als auch ein Mindestmaß an Flexibilität für künftige Generationen und unvorhergesehene Entwicklungen ermöglicht.

3. Errichtung einer Familienstiftung: Schritt für Schritt

Die Errichtung einer Familienstiftung ist ein mehrstufiger Prozess, der sorgfältige Planung und professionelle Begleitung erfordert.

Phase 1: Konzeption und Planung

Am Anfang steht die Zieldefinition durch den Stifter. Es muss geklärt werden, welche konkreten Motive der Stiftungsgründung zugrunde liegen: Geht es primär um den langfristigen Vermögensschutz, die Versorgung bestimmter Familienmitglieder, die Sicherung der Unternehmensnachfolge oder eine Kombination dieser Aspekte?.
Aufgrund der Komplexität und der weitreichenden Folgen ist die frühzeitige Einholung qualifizierter Beratung unerlässlich. Experten können helfen, die individuellen Ziele zu präzisieren, die passende Struktur zu entwickeln und steuerliche Fallstricke zu vermeiden. Eine solide Vorplanung ist der Schlüssel, um spätere Probleme zu verhindern und sicherzustellen, dass die Stiftung die vom Stifter intendierten Zwecke effektiv und nachhaltig erreichen kann.
Schaubild zur Entwicklung einer Familienverfassung: Interessenabgleich zwischen Unternehmer, Ehefrau, Kindern und weiteren Familienmitgliedern auf Basis von Rollen, Zielvorstellungen, Werten und Bedürfnissen. Daraus abgeleitet: strategische Ausrichtung durch Familienverfassung mit möglichen Strukturformen wie Holding (GbR, GmbH, GmbH & Co. KG), Stiftungsmodell oder Exit-Optionen wie Abfindung, Schenkung oder Verkauf.“

Phase 2: Das Stiftungsgeschäft und die Stiftungssatzung

Das Stiftungsgeschäft ist die einseitige, schriftliche Willenserklärung des Stifters, ein bestimmtes Vermögen dauerhaft einem konkreten Zweck zu widmen und eine Stiftung zu errichten (§ 81 BGB). Dieses kann zu Lebzeiten des Stifters erfolgen oder als Verfügung von Todes wegen in einem Testament oder Erbvertrag niedergelegt werden (§ 83 BGB).
Die Stiftungssatzung ist das Herzstück und die "Verfassung" der Stiftung. Sie muss gemäß § 81 Abs. 1 BGB und den ergänzenden landesrechtlichen Vorschriften (z.B. § 10 StiftG) zwingend folgende Angaben enthalten:
  • Name der Stiftung
  • Sitz der Stiftung
  • Zweck der Stiftung
  • Angaben zum Stiftungsvermögen
  • Regelungen zur Bildung des Stiftungsvorstands
Darüber hinaus ist es dringend anzuraten, in der Satzung weitere detaillierte Regelungen aufzunehmen, wie beispielsweise:
  • Die genaue Definition des Kreises der Begünstigten (Destinatäre)
  • Modalitäten und Voraussetzungen für Ausschüttungen an die Begünstigten
  • Zusammensetzung, Berufung, Abberufung und Befugnisse weiterer (fakultativer) Stiftungsorgane (z.B. Stiftungsrat, Familienrat)
  • Konkrete Anlagerichtlinien für das Stiftungsvermögen
  • Verfahren und Voraussetzungen für Satzungsänderungen (im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten)
  • Regelungen für den Fall der Auflösung der Stiftung und den Anfall des Restvermögens
Die Präzision und Voraussicht bei der Formulierung der Satzung kann nicht genug betont werden. Die Satzung ist auf Dauer angelegt und nach der Anerkennung der Stiftung nur noch unter sehr engen Voraussetzungen und meist mit Zustimmung der Stiftungsaufsicht änderbar. Sie ist die "DNA" der Stiftung und muss nicht nur die aktuellen Ziele des Stifters widerspiegeln, sondern auch robust genug sein, um zukünftige, oft unvorhersehbare Entwicklungen zu meistern. Eine zu starre oder unklare Satzung, beispielsweise hinsichtlich der Definition des Begünstigtenkreises oder der Ausschüttungsmodalitäten , kann die Stiftung handlungsunfähig machen oder zu erheblichen Konflikten innerhalb der Familie führen. Eine gute Satzungsgestaltung antizipiert potenzielle Problemfelder und baut, soweit gesetzlich zulässig, Mechanismen zur Konfliktlösung oder flexible Anpassungsklauseln ein.

Phase 3: Das Stiftungsvermögen

Das der Stiftung gewidmete Vermögen muss so ausgestattet sein, dass es die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks sichert (§ 82 Satz 1 BGB). Eine exakte gesetzliche Mindesthöhe gibt es nicht, jedoch haben die Stiftungsaufsichtsbehörden der Länder in ihrer Verwaltungspraxis Richtwerte etabliert. Für die Anerkennung einer rechtsfähigen Stiftung wird üblicherweise ein Mindestkapital von mindestens 100.000 EUR als notwendig erachtet. Für Familienstiftungen, die oft umfangreiche Versorgungsaufgaben oder die Verwaltung größerer Vermögenswerte zum Ziel haben, wird von Experten häufig ein deutlich höheres Anfangsvermögen empfohlen, beispielsweise ab 500.000 EUR oder mehr, um sicherzustellen, dass die Erträge ausreichen, um die laufenden Verwaltungskosten zu decken und gleichzeitig den Stiftungszweck nachhaltig zu erfüllen.
Das Spannungsfeld zwischen den formalen Mindestkapitalanforderungen und der tatsächlichen Notwendigkeit für eine effektive Zweckerfüllung ist hierbei evident. Die bloße Erfüllung der behördlichen Mindestgrenze garantiert nicht, dass die Stiftung langfristig lebensfähig ist, insbesondere in Niedrigzinsphasen oder wenn die Verwaltungskosten die erzielbaren Erträge übersteigen. Eine realistische Kalkulation der zu erwartenden Erträge und der laufenden Kosten ist daher unerlässlich.
Als Stiftungsvermögen können verschiedene Vermögenswerte dienen, wie z.B. Barvermögen, Immobilien, Unternehmensanteile, Wertpapiere oder auch Kunstgegenstände. Nach der Anerkennung der Stiftung ist der Stifter verpflichtet, das im Stiftungsgeschäft gewidmete Vermögen auf die Stiftung zu übertragen (§ 82a BGB).

Phase 4: Das Anerkennungsverfahren

Das Anerkennungsverfahren ist ein staatlicher Akt, der die Seriosität und Funktionsfähigkeit der Stiftung gewährleisten soll. Zuständig ist die Stiftungsaufsichtsbehörde des Bundeslandes, in dem die Stiftung ihren Sitz haben soll. Diese Behörden sind häufig bei den Regierungspräsidien oder vergleichbaren Mittelbehörden angesiedelt.
Bei der Behörde sind das Stiftungsgeschäft, die Stiftungssatzung und ein Nachweis über das zugesagte Stiftungsvermögen einzureichen. Die Stiftungsbehörde prüft dann, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung erfüllt sind. Dazu gehört insbesondere die Sicherstellung der dauernden und nachhaltigen Erfüllung des Stiftungszwecks durch das vorhandene Vermögen und dass die Stiftung das Gemeinwohl nicht gefährdet (vgl. § 16 StiftG eines typischen Landesstiftungsgesetzes). Bei privatnützigen Familienstiftungen erfolgt die laufende Kontrolle durch die Stiftungsaufsicht oft in einer abgeschwächten Form im Vergleich zu gemeinnützigen Stiftungen, ist aber dennoch relevant, insbesondere bei grundlegenden Entscheidungen wie Vermögensumschichtungen, Satzungsänderungen oder der Auflösung der Stiftung. Die Rolle der Stiftungsaufsicht ist die eines "Wächters des Stifterwillens" und der Rechtsordnung. Die Anerkennung ist kein reiner Formalakt; die Behörde prüft die materielle Grundlage der Stiftung.
Mit der Anerkennung durch die Stiftungsbehörde erlangt die Stiftung ihre Rechtsfähigkeit und wird zu einer eigenständigen juristischen Person.
Die Dauer des Errichtungsprozesses kann von einigen Monaten bis zu einem Jahr oder in komplexen Fällen auch länger variieren, abhängig von der Komplexität der Gestaltung, der Art des einzubringenden Vermögens und der Bearbeitungszeit der zuständigen Behörde. Die Kosten der Errichtung umfassen in der Regel Beratungsgebühren für Stiftungsberater, Rechtsanwälte und Steuerberater, gegebenenfalls Notargebühren (z.B. bei der Übertragung von Grundstücken oder GmbH-Anteilen) und die amtlichen Gebühren der Stiftungsbehörde.

Phase 5: Start der Stiftungsarbeit

Nach der erfolgreichen Anerkennung durch die Stiftungsbehörde erfolgt die tatsächliche Übertragung des im Stiftungsgeschäft gewidmeten Vermögens auf die nun rechtsfähige Stiftung. Der Stiftungsvorstand nimmt seine Tätigkeit auf, beginnt mit der Verwaltung des Stiftungsvermögens gemäß den Satzungsbestimmungen und kann, sofern Erträge vorhanden sind, mit den Ausschüttungen an die Destinatäre beginnen. Damit ist der Gründungsprozess abgeschlossen und die operative Phase der Stiftung beginnt.

4. Organe der Familienstiftung und ihre Aufgaben

Die Organisationsstruktur einer Familienstiftung wird maßgeblich durch ihre Satzung bestimmt. Gesetzlich zwingend vorgeschrieben ist lediglich der Vorstand.

Der Stiftungsvorstand (zwingendes Organ, § 84 Abs. 1 S. 1 BGB)

Der Vorstand ist das handelnde und vertretungsberechtigte Organ der Stiftung. Er vertritt die Stiftung gerichtlich und außergerichtlich und hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters. Zu seinen Kernaufgaben gehören die Geschäftsführung der Stiftung, die Verwaltung des Stiftungsvermögens, die Erfüllung des Stiftungszwecks (insbesondere die Leistung von Zuwendungen an die Destinatäre) und die Erstellung der notwendigen Jahresabschlüsse und Steuererklärungen. Der Stifter selbst kann Mitglied des Vorstands sein und so auch nach der Errichtung weiterhin direkten Einfluss auf die Geschicke der Stiftung nehmen.
Die Mitglieder des Stiftungsvorstands unterliegen bei ihrer Tätigkeit einer besonderen Sorgfaltspflicht. Für Pflichtverletzungen haften sie der Stiftung gegenüber auf Schadensersatz. Die Stiftungsrechtsreform 2023 hat mit § 84a Abs. 2 BGB die sogenannte Business Judgment Rule kodifiziert. Danach handeln Vorstandsmitglieder nicht pflichtwidrig, wenn sie bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durften, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Stiftung zu handeln. Dies soll die Bereitschaft qualifizierter Personen erhöhen, Vorstandsämter in Stiftungen zu übernehmen, indem es eine gewisse Absicherung gegen Haftungsrisiken bei vertretbaren unternehmerischen Entscheidungen bietet.

Weitere mögliche (fakultative) Organe

Neben dem Vorstand können in der Satzung weitere Organe vorgesehen werden, um die Governance-Struktur der Stiftung zu ergänzen und spezifischen Bedürfnissen anzupassen:
  • Stiftungsrat/Kuratorium: Dieses Gremium wird häufig als Aufsichts- und/oder Beratungsorgan für den Vorstand eingerichtet. Es kann beispielsweise die Aufgabe haben, den Vorstand zu bestellen und abzuberufen, die Jahresrechnung zu genehmigen oder bei grundlegenden strategischen Entscheidungen mitzuwirken. Die genauen Befugnisse müssen in der Satzung festgelegt werden.
  • Familienrat/Familienversammlung: Insbesondere bei Familienstiftungen mit einer größeren Anzahl von Begünstigten oder über mehrere Generationen hinweg kann die Einrichtung eines Familienrates sinnvoll sein.Dieses Gremium kann dazu dienen, den Familienzusammenhalt zu fördern, die Interessen der Destinatäre zu artikulieren und eine Kommunikationsplattform zwischen Familie und Stiftung zu bieten. Es kann beratende Funktionen haben oder auch bestimmte Mitwirkungsrechte, wie z.B. Vorschlagsrechte für die Besetzung von Stiftungsorganen.
Die Einrichtung solcher fakultativer Organe und die genaue Ausgestaltung ihrer Aufgaben, Zusammensetzung und Befugnisse müssen detailliert in der Stiftungssatzung geregelt werden. Sie bieten die Möglichkeit, die Kontrollmechanismen zu stärken, Fachwissen einzubinden und die Akzeptanz der Stiftung innerhalb der Familie zu erhöhen.
Die Gestaltung der Organstruktur ist ein entscheidender Faktor für eine funktionierende und konfliktarme Stiftung. Eine klare Aufgabenverteilung zwischen den Organen, transparente Entscheidungsprozesse und wirksame Mechanismen zur Vermeidung von Interessenkonflikten sind unerlässlich, um den Stifterwillen effektiv umzusetzen und potenziellen Familienstreitigkeiten vorzubeugen. Ein allmächtiger Vorstand ohne ein effektives Kontrollgremium kann Risiken bergen. Ein gut konzipierter Stiftungsrat kann hier eine wichtige Überwachungs- und Beratungsfunktion übernehmen. Ein Familienrat wiederum kann die Perspektive und die Bedürfnisse der Begünstigten in die Stiftungstätigkeit einbringen. Die Satzung muss hierfür klare Regelungen zur Zusammensetzung der Organe, zur Amtsdauer und Abberufung von Mitgliedern sowie zur Beschlussfassung enthalten , um Machtmissbrauch oder Blockaden zu verhindern.
Die Möglichkeit für den Stifter, selbst als Organmitglied tätig zu sein, insbesondere im Vorstand , ist oft ein wichtiger Anreiz für die Stiftungsgründung, da er so weiterhin die direkte Kontrolle über "sein Werk" behält. Dabei muss er sich jedoch bewusst sein, dass er dann den strengen Pflichten eines Organmitglieds unterliegt und im besten Interesse der Stiftung handeln muss, nicht primär in seinem persönlichen Eigeninteresse oder dem einzelner Familienmitglieder. Die Stiftung darf nicht als verkapptes Privatvermögen behandelt werden. Von entscheidender Bedeutung ist zudem eine klare und vorausschauende Regelung in der Satzung, wie die Stiftungsorgane nach dem Ausscheiden des Stifters (z.B. durch Tod oder Amtsniederlegung) besetzt werden, um die Kontinuität der Stiftungsarbeit zu wahren und Machtvakuen oder Nachfolgekonflikte zu vermeiden.

5. Steuerliche Behandlung der Familienstiftung

Die steuerliche Behandlung ist ein zentraler und oft komplexer Aspekt der Familienstiftung. Sie ist nicht steuerbegünstigt wie eine gemeinnützige Stiftung, kann aber bei richtiger Gestaltung dennoch steuerliche Vorteile bieten.

Besteuerung bei der Errichtung

Die Übertragung von Vermögen auf eine Familienstiftung im Rahmen ihrer Gründung unterliegt der Schenkungsteuer, wenn die Errichtung zu Lebzeiten des Stifters erfolgt, bzw. der Erbschaftsteuer, wenn die Stiftung von Todes wegen (z.B. durch Testament) errichtet wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG).
Für die Bemessung der Steuer ist das sogenannte Steuerklassenprivileg des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG von großer Bedeutung. Danach richtet sich die anzuwendende Steuerklasse und der damit verbundene Freibetrag nach dem Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungssatzung entferntest berechtigten Destinatärs zum Stifter. Dies kann dazu führen, dass die günstigere Steuerklasse I (z.B. für Kinder, Enkel) zur Anwendung kommt, anstatt der für juristische Personen sonst üblichen, sehr ungünstigen Steuerklasse III mit einem Freibetrag von lediglich 20.000 EUR und hohen Steuersätzen (ab 30%). Die Definition des "entferntest Berechtigten" ist dabei weit auszulegen und kann nach der Rechtsprechung auch künftige, noch ungeborene Generationen umfassen, sofern diese potenziell aus der Stiftung begünstigt werden können.
Die Höhe der persönlichen Freibeträge hängt somit von diesem entferntesten Berechtigten ab. Ist beispielsweise ein Kind der entfernteste Berechtigte, beträgt der Freibetrag 400.000 EUR. Sind es bereits Urenkel, die als entfernteste Berechtigte gelten, reduziert sich der Freibetrag auf 100.000 EUR. Für spätere Zustiftungen an die bereits bestehende Familienstiftung gilt dieses Steuerklassenprivileg in der Regel nicht; hier kommen meist Steuerklasse III und ein Freibetrag von nur 20.000 EUR zur Anwendung.
Die Übertragung von begünstigtem Betriebsvermögen im Sinne der §§ 13a, 13b ErbStG auf eine Familienstiftung kann unter bestimmten, komplexen Voraussetzungen ganz oder teilweise steuerfrei bzw. steuerbegünstigt erfolgen. Dies erfordert eine detaillierte Prüfung und Strukturierung.
Die Besteuerung bei Errichtung kann eine erhebliche finanzielle Belastung darstellen und bedarf daher einer äußerst sorgfältigen Planung und Gestaltung der Stiftungssatzung, insbesondere hinsichtlich der Definition des Begünstigtenkreises.
Tabelle zu persönlichen Freibeträgen und Steuersätzen bei Erbschaft und Schenkung in Deutschland: Übersicht nach Steuerklassen I bis III mit Freibeträgen für Ehepartner, Kinder, Enkel, Eltern sowie Geschwister und sonstige Erwerber; darunter gestaffelte Erbschaftsteuersätze nach Erwerbshöhe von bis zu über 26 Millionen Euro.

Laufende Besteuerung der Stiftung

Eine privatnützige Familienstiftung ist als juristische Person des privaten Rechts unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4 Körperschaftsteuergesetz (KStG), sofern sie ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland hat. Auf ihre steuerpflichtigen Einkünfte fällt ein Körperschaftsteuersatz von 15 % an (§ 23 KStG). Hinzu kommt der Solidaritätszuschlag von 5,5 % auf die festgesetzte Körperschaftsteuer, sodass die Gesamtbelastung der Erträge auf Stiftungsebene typischerweise rund 15,825 % beträgt. Für die Körperschaftsteuer steht der Stiftung ein Freibetrag von 5.000 EUR gemäß § 24 KStG zu.
Ein wesentlicher Vorteil der Familienstiftung ist, dass sie in der Regel keine Gewerbesteuer zahlen muss, sofern sie lediglich ihr eigenes Vermögen verwaltet (z.B. Vermietung von Immobilien, Halten von Kapitalanlagen) und keinen aktiven wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält. Dies unterscheidet sie positiv von einer Kapitalgesellschaft (z.B. GmbH), die auch bei reiner Vermögensverwaltung oft als gewerblich geprägt gilt und somit der Gewerbesteuer unterliegt.
Für bestimmte Ertragsarten gelten spezielle Regelungen:
  • Immobilien: Laufende Mieteinnahmen werden mit dem Körperschaftsteuersatz von 15 % (zzgl. Soli) besteuert.Ein großer Vorteil ist, dass Immobilien, die im Stiftungsvermögen gehalten werden, nach einer Haltefrist von zehn Jahren steuerfrei veräußert werden können (analog zur Regelung für private Veräußerungsgeschäfte).
  • Aktien: Veräußerungsgewinne aus dem Verkauf von Aktien und Unternehmensbeteiligungen sind gemäß § 8b KStG zu 95 % steuerfrei, sodass effektiv nur eine sehr geringe Steuerbelastung von ca. 0,79 % (15,825 % auf 5 % des Gewinns) anfällt. Dividendenerträge aus Streubesitzbeteiligungen (unter 10 % Beteiligung an der ausschüttenden Gesellschaft) unterliegen hingegen der vollen Körperschaftsteuer.
  • Kapitalerträge: Die Stiftung selbst unterliegt dem Kapitalertragsteuerabzug auf bestimmte Kapitalerträge, die sie vereinnahmt (z.B. Zinsen, bestimmte Dividenden). Dieser Steuerabzug kann auf die Körperschaftsteuerschuld angerechnet werden.
Die laufende Besteuerung der Familienstiftung ist somit oft deutlich günstiger als die Besteuerung entsprechender Erträge im Privatvermögen eines Stifters (wo der individuelle Spitzensteuersatz von bis zu 45 % zzgl. Soli und ggf. Kirchensteuer greifen kann) oder in einer gewerblich tätigen GmbH (KSt zzgl. GewSt).

Die Erbersatzsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG)

Ein Unikum im deutschen Steuerrecht ist die Erbersatzsteuer, der privatnützige Familienstiftungen unterliegen. Diese Steuer fingiert alle 30 Jahre seit dem ersten Übergang von Vermögen auf die Stiftung einen Erbfall. Sie soll verhindern, dass große Vermögen durch die "Unsterblichkeit" der Stiftung dauerhaft der Erbschaftsbesteuerung entzogen werden.
Bemessungsgrundlage für die Erbersatzsteuer ist das gesamte zu diesem Zeitpunkt vorhandene Stiftungsvermögen. Für die Berechnung wird ein doppelter Kinderfreibetrag gewährt, also 2 x 400.000 EUR = 800.000 EUR (§ 15 Abs. 2 Satz 3 ErbStG). Der anzuwendende Steuersatz bestimmt sich nach der Steuerklasse I und dem Satz, der für die Hälfte des steuerpflichtigen Vermögens (nach Abzug des Freibetrags) gelten würde. Die Stiftung als Steuerschuldnerin kann auf Antrag die Zahlung der Erbersatzsteuer auf 30 gleiche jährliche Teilbeträge strecken, wobei diese gestundeten Beträge dann verzinst werden.
Die Erbersatzsteuer ist eine signifikante, aber durch ihren festen Rhythmus planbare Belastung, die in die langfristige Finanz- und Liquiditätsplanung der Stiftung einbezogen werden muss.

Besteuerung der Zuwendungen an die Begünstigten (Destinatäre)

Die Ausschüttungen, die eine Familienstiftung an ihre Begünstigten (Destinatäre) leistet, stellen bei diesen in der Regel Einkünfte aus Kapitalvermögen dar. Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG unterliegen diese Zuwendungen der Kapitalertragsteuer (Abgeltungsteuer) in Höhe von 25 % zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer. Die Stiftung ist verpflichtet, die Kapitalertragsteuer einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7a EStG).
Für die Destinatäre besteht die Möglichkeit einer Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG: Liegt ihr persönlicher Einkommensteuersatz unter dem Abgeltungsteuersatz von 25 %, können sie die Einkünfte in ihrer Einkommensteuererklärung angeben und eine Besteuerung zum niedrigeren individuellen Satz beantragen. Zudem können Destinatäre ihren Sparer-Pauschbetrag (aktuell 1.000 EUR für Ledige, 2.000 EUR für zusammenveranlagte Ehegatten) auf diese Einkünfte anrechnen lassen. Insbesondere bei minderjährigen oder anderen einkommensschwachen Begünstigten kann durch die Nutzung des allgemeinen Grundfreibetrags (aktuell über 11.000 EUR) eine Steuerfreiheit der Zuwendungen bis zu dieser Höhe erreicht werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass auf die Ausschüttungen aus der Stiftung keine Sozialversicherungsabgaben anfallen.
Die steuerliche Behandlung der Familienstiftung ist komplex und facettenreich. Sie ist keineswegs ein pauschales "Steuersparmodell" wie oft fälschlich angenommen, insbesondere im Vergleich zu gemeinnützigen Stiftungen, die von umfassenden Steuerbefreiungen profitieren. Die Errichtung löst Schenkung- oder Erbschaftsteuer aus, und die periodische Erbersatzsteuer stellt eine zusätzliche, spezifische Belastung dar. Dennoch können sich bei einer langfristigen und strategisch klugen Nutzung erhebliche steuerliche Vorteile ergeben. Diese resultieren vor allem aus der oft niedrigeren laufenden Besteuerung der Erträge auf Stiftungsebene (ca. 15,825 % Körperschaftsteuer) im Vergleich zum progressiven Spitzensteuersatz im Privatvermögen und den spezifischen Begünstigungen für bestimmte Vermögensarten wie Immobilien (steuerfreier Verkauf nach zehn Jahren) oder Aktienbeteiligungen (effektiv sehr niedrige Besteuerung von Veräußerungsgewinnen gemäß § 8b KStG). Die oft gehörte Aussage, die Familienstiftung sei "kein Vehikel, um Steuern zu sparen" , bedarf daher einer Differenzierung: Es geht nicht um eine generelle Steuerfreiheit, sondern um eine potenziell optimierte Steuerlast im Gesamtkontext der langfristigen Vermögensstrukturierung und -sicherung. Die Erbersatzsteuer kann als eine Art "Systempreis" für die Verselbstständigung des Vermögens und die Vermeidung der regulären Erbschaftsteuer bei jedem einzelnen Generationswechsel betrachtet werden. Ihre Planbarkeit durch den festen 30-Jahres-Rhythmus ist dabei ein nicht zu unterschätzender Vorteil gegenüber dem unvorhersehbaren Eintritt eines Erbfalls.
Die tatsächliche Steuerbelastung einer Familienstiftung ist in hohem Maße von der individuellen Gestaltung abhängig. Entscheidend sind hierbei die sorgfältige Formulierung der Stiftungssatzung (insbesondere die Definition des Begünstigtenkreises für die Anwendung des Steuerklassenprivilegs nach § 15 Abs. 2 ErbStG), die Art des eingebrachten Vermögens (Betriebsvermögen, Immobilien, Kapitalvermögen mit ihren jeweiligen spezifischen Steuerregimen) und die festgelegte Ausschüttungspolitik an die Destinatäre. Es gibt keine "One-size-fits-all"-Steuerlösung; jede Familienstiftung ist steuerlich ein Unikat, dessen Optimierung eine maßgeschneiderte Beratung erfordert.

6. Vor- und Nachteile der Familienstiftung

Die Entscheidung für oder gegen eine Familienstiftung erfordert eine sorgfältige Abwägung ihrer spezifischen Vor- und Nachteile.

Vorteile im Detail

Die Familienstiftung bietet eine Reihe signifikanter Vorteile, die sie zu einem attraktiven Instrument der Vermögensstrukturierung und -nachfolge machen:
  • Langfristiger Vermögenserhalt und Schutz vor Zersplitterung: Einer der Hauptvorteile ist die Fähigkeit, das Familienvermögen als eine kohärente Einheit über Generationen hinweg zu bewahren. Unabhängig von individuellen Erbfällen, Scheidungen oder Veräußerungswünschen einzelner Familienmitglieder bleibt das in die Stiftung eingebrachte Vermögen gebündelt und dem Stiftungszweck gewidmet.
  • Asset Protection (Schutz vor Gläubigerzugriff): Da das Stiftungsvermögen rechtlich von dem Privatvermögen des Stifters und der Begünstigten getrennt ist, bietet die Stiftung einen effektiven Schutz vor dem Zugriff von deren Gläubigern. Dies gilt insbesondere nach Ablauf gesetzlicher Anfechtungsfristen.
  • Vermeidung von Pflichtteilsansprüchen: Durch die Übertragung von Vermögen auf die Stiftung zu Lebzeiten können Pflichtteilsansprüche enterbter naher Angehöriger nach Ablauf der Zehnjahresfrist des § 2325 BGB (sogenannte Abschmelzung) reduziert oder gänzlich vermieden werden.
  • Generationenübergreifende Versorgung der Familie: Die Stiftung kann durch satzungsgemäße Ausschüttungen aus den Erträgen des Stiftungsvermögens eine kontinuierliche finanzielle Unterstützung für Familienmitglieder über viele Generationen hinweg sicherstellen.
  • Sicherung der Unternehmensnachfolge: Für Familienunternehmen bietet die Stiftung eine stabile Struktur, um die Kontinuität des Betriebs zu gewährleisten, eine Zerschlagung durch Erbauseinandersetzungen zu verhindern und den Einfluss der Familie auch bei externem Management zu wahren.
  • Umsetzung des Stifterwillens über den Tod hinaus: Die Stiftungssatzung dient als "verlängerter Arm" des Stifters und stellt sicher, dass sein Vermögen auch nach seinem Ableben gemäß seinen Vorstellungen und Werten verwendet wird.
  • Steuerliche Vorteile: Wie zuvor detailliert dargelegt, können sich durch die moderate laufende Besteuerung von Vermögensverwaltungserträgen (ca. 15,825 % KSt), die grundsätzliche Gewerbesteuerfreiheit bei reiner Vermögensverwaltung, den steuerfreien Verkauf von Immobilien nach zehn Jahren und die günstige Besteuerung von Aktiengewinnen (§ 8b KStG) signifikante steuerliche Vorteile ergeben. Auch die Erbersatzsteuer ist durch ihren festen 30-Jahres-Rhythmus und die Freibeträge oft planbarer und im Ergebnis günstiger als wiederholte Erbschaftsteuerzahlungen bei direkter Vererbung großer Vermögen über mehrere Generationen.

Nachteile und Risiken im Detail

Trotz der zahlreichen Vorteile sind mit der Errichtung einer Familienstiftung auch Nachteile und Risiken verbunden, die sorgfältig bedacht werden müssen:
  • Kosten: Die Errichtung einer Stiftung ist mit Gründungskosten verbunden, die für Beratung, ggf. Notargebühren und behördliche Gebühren anfallen. Hinzu kommen laufende Verwaltungskosten für Steuerberatung, Buchhaltung, Jahresabschlüsse, Vergütungen für Stiftungsorgane und gegebenenfalls professionelle Vermögensverwaltung. Insbesondere bei kleineren bis mittleren Stiftungsvermögen können diese laufenden Kosten die Erträge erheblich schmälern oder sogar übersteigen, sodass der eigentliche Stiftungszweck (z.B. die Versorgung der Familie) gefährdet wird.
  • Verlust der direkten Verfügungsgewalt des Stifters: Mit der Übertragung des Vermögens auf die Stiftung gibt der Stifter die unmittelbare Kontrolle und das Eigentum an diesen Werten endgültig auf. Das Vermögen gehört unwiderruflich der Stiftung.
  • Eingeschränkte Flexibilität und Starrheit des Konstrukts: Die Stiftungssatzung ist das "Grundgesetz" der Stiftung und kann nach ihrer Anerkennung nur unter sehr engen gesetzlichen Voraussetzungen und in der Regel nur mit Zustimmung der Stiftungsaufsichtsbehörde geändert werden. Die Stiftung ist ihrem Wesen nach auf "Ewigkeit" angelegt. Diese oft als Vorteil gesehene Bindungswirkung und der Schutz des Vermögens können sich als Nachteil erweisen, wenn sich die Lebensumstände der Familie, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen oder die gesetzlichen Grundlagen gravierend ändern. Die Stiftung ist bildlich gesprochen eher ein "Tanker als ein Schnellboot" und kann nur schwer auf neue Kurse umgesteuert werden.
  • Belastung durch die Erbersatzsteuer: Die alle 30 Jahre anfallende Erbersatzsteuer stellt eine wiederkehrende, signifikante finanzielle Belastung für die Stiftung dar, die langfristig in die Liquiditätsplanung einbezogen werden muss. Auch wenn sie planbar ist und Freibeträge existieren, wird die regelmäßige Besteuerung des gesamten Stiftungsvermögens von vielen als erheblicher Nachteil und psychologische Hürde empfunden, die die Attraktivität der Stiftung mindern kann.
  • Potenzial für Familienkonflikte: Trotz des Ziels, Streitigkeiten zu vermeiden, kann eine Familienstiftung auch neue Konflikte innerhalb der Familie hervorrufen. Dies kann der Fall sein, wenn die Satzung unklare Regelungen enthält, einzelne Familienmitglieder sich ungerecht behandelt fühlen, die Ausschüttungspolitik als intransparent empfunden wird oder es zu Machtverschiebungen und Kompetenzstreitigkeiten innerhalb der Stiftungsorgane kommt.
  • Staatliche Aufsicht: Die Stiftung unterliegt der Aufsicht durch die zuständige Landesstiftungsbehörde. Auch wenn diese bei privatnützigen Stiftungen oft weniger intensiv ist als bei gemeinnützigen, stellt sie dennoch eine externe Kontrollinstanz dar, die in die Autonomie der Stiftung eingreifen kann, insbesondere bei Satzungsänderungen oder der Auflösung.
  • Kein direkter Vermögenszugriff für Begünstigte: Die Destinatäre haben keinen Eigentumsanspruch auf das Stiftungsvermögen, sondern erhalten lediglich die in der Satzung vorgesehenen Zuwendungen aus den Erträgen.Dies kann als Einschränkung empfunden werden.
  • Herausforderungen bei Auslandsbezug: Wenn Begünstigte im Ausland ansässig sind oder die Stiftung Vermögen im Ausland hält, können sich komplexe steuerliche und rechtliche Fragen ergeben, wie z.B. die Besteuerung der Ausschüttungen im Wohnsitzland des Begünstigten oder das Risiko der Begründung einer steuerlichen Betriebsstätte im Ausland.

7. Für wen eignet sich eine Familienstiftung? Eine Analyse

Die Entscheidung für eine Familienstiftung ist hochindividuell und hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. Sie ist kein universelles Instrument, sondern eine spezialisierte Lösung für bestimmte Konstellationen und Zielsetzungen.

Zielgruppenanalyse

Grundsätzlich kommt die Familienstiftung für folgende Hauptzielgruppen in Betracht:
  • Vermögende Privatpersonen: Personen mit erheblichem Privatvermögen (Immobilien, Kapitalvermögen, Kunst etc.), die dieses langfristig sichern, vor Zersplitterung schützen, die Versorgung ihrer Nachkommen über Generationen hinweg gewährleisten und potenzielle Erbstreitigkeiten minimieren möchten.
  • Unternehmerfamilien: Inhaber von Familienunternehmen, die die Kontinuität ihres Unternehmens über Generationen sichern, eine Zerschlagung des Betriebsvermögens durch Erbauseinandersetzungen verhindern, eine klare Trennung von Familie und Unternehmen etablieren und den Einfluss der Familie auch bei externem Management wahren wollen.

Optimale Vermögenshöhe und -art

Die Höhe des einzubringenden Vermögens ist ein kritischer Faktor. Zwar nennen einige Quellen eine Untergrenze von 100.000 EUR für die Errichtung einer rechtsfähigen Stiftung, jedoch wird für Familienstiftungen in der Praxis oft ein deutlich höheres Vermögen als notwendig erachtet, häufig im Bereich von mindestens 500.000 EUR oder mehr. Dies ist darin begründet, dass das Stiftungsvermögen nicht nur die laufenden Verwaltungskosten decken, sondern auch ausreichende Erträge für die Erfüllung des Stiftungszwecks (z.B. Versorgung der Familie, Ausschüttungen) erwirtschaften muss. Bei Immobilienvermögen werden oft noch höhere Summen als sinnvoll erachtet, um eine tragfähige Stiftungslösung zu ermöglichen.
Die Art des Vermögens spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Besonders geeignet für die Einbringung in eine Familienstiftung sind:
  • Immobilien: Aufgrund der steuerlichen Vorteile (laufende Besteuerung, steuerfreier Verkauf nach 10 Jahren) und des Schutzes vor Zersplitterung.
  • Unternehmensanteile: Zur Sicherung der Unternehmensnachfolge und Kontinuität.
  • Größeres Kapitalvermögen: Für eine langfristige, ertragsorientierte Anlage und Versorgung.
Weniger geeignet sind in der Regel hochspekulative Anlagen mit erheblichem Verlustrisiko oder Vermögenswerte, die häufige Umschichtungen und flexible Entscheidungen erfordern, wie beispielsweise der Handel mit CFDs, Optionen und anderen Termingeschäften, bei denen in der Stiftung zudem die Verlustverrechnungsbeschränkung des Privatvermögens gilt. Die Art des Stiftungsvermögens muss in der Lage sein, die in der Satzung festgelegten Zwecke, insbesondere laufende Versorgungsleistungen, auch tatsächlich und nachhaltig zu finanzieren. Illiquide oder ertragsschwache Assets können hier problematisch sein, wenn sie den Hauptteil des Stiftungsvermögens ausmachen.

Bedeutung der Familienkonstellation und der langfristigen Ziele des Stifters

Die spezifische Familiensituation und die langfristigen Ziele des Stifters sind ausschlaggebend:
  • Die Anzahl der Kinder und potenziellen Begünstigten beeinflusst die benötigte Ertragskraft der Stiftung.
  • Das Alter des Stifters ist relevant im Hinblick auf den 30-jährigen Zyklus der Erbersatzsteuer.
  • Der Wunsch nach langfristiger Versorgung und Erhaltung des Lebenswerks steht oft dem Bedürfnis nach Flexibilität für die nachfolgenden Generationen gegenüber.
  • Die Vermeidung von Erbstreitigkeiten ist ein häufiges Motiv, das durch klare Regelungen in der Stiftungssatzung erreicht werden kann.
Die Stiftung muss zu den familiären Gegebenheiten und den übergeordneten Zielen des Stifters passen.

Notwendigkeit der Bereitschaft zur Abgabe direkter Kontrolle

Ein fundamentaler Aspekt, der oft unterschätzt wird, ist die Bereitschaft des Stifters, die direkte Verfügungsgewalt über das eingebrachte Vermögen aufzugeben. Das Vermögen gehört nach der Übertragung der Stiftung, und die Stiftungsorgane handeln nach Maßgabe der Satzung, nicht nach den tagesaktuellen Wünschen des Stifters oder der Familie.
Die Errichtung einer Familienstiftung ist somit kein Allheilmittel, sondern ein hochspezialisiertes Instrument, das nur in bestimmten Konstellationen optimal passt. Eine unüberlegte oder für die spezifische Situation ungeeignete Gründung kann mehr Probleme schaffen als lösen. Der Entschluss zur Stiftung erfordert nicht nur die notwendigen finanziellen Mittel, sondern auch die mentale Bereitschaft des Stifters, langfristig zu denken, Kontrolle abzugeben und die Komplexität der damit verbundenen Regelungen zu akzeptieren. Diese "Stiftungsreife" ist eine wichtige Voraussetzung. Fehlt diese Bereitschaft, kann es später zu Frustrationen und Versuchen kommen, die Stiftung entgegen ihrem Wesenskern zu beeinflussen, was zu Konflikten mit den Stiftungsorganen oder der Stiftungsaufsicht führen kann. Eine umfassende Beratung muss daher auch diese psychologischen Aspekte adressieren.

8. Alternativen zur Familienstiftung in der Vermögensstrukturierung

Obwohl die Familienstiftung viele Vorteile bietet, ist sie nicht für jede Situation die optimale Lösung. Es existieren verschiedene Alternativen zur Vermögensstrukturierung und -nachfolge, die je nach den individuellen Zielen und Umständen des Vermögensinhabers besser geeignet sein können. Ein kurzer Überblick soll die wesentlichen Unterschiede beleuchten:
  • Nießbrauch: Der Schenker (Nießbraucher) behält die Nutzungsrechte (z.B. Wohnrecht, Mieteinnahmen) an einem übertragenen Vermögenswert, während das Eigentum auf den Beschenkten übergeht. Dies bietet dem Schenker weiterhin Kontrolle über die Erträge. Die Flexibilität ist höher als bei einer Stiftung. Die Einräumung eines Nießbrauchs mindert den schenkungsteuerlichen Wert des übertragenen Vermögens. Laufende Erträge werden vom Nießbraucher versteuert. Die Kosten sind geringer als bei einer Stiftung. Geeignet zur wirtschaftlichen Absicherung des Schenkers bei gleichzeitiger Eigentumsübertragung.
  • Schenkung unter Auflagen (§ 525 BGB): Der Beschenkte wird Eigentümer, ist aber an die Erfüllung der vom Schenker festgelegten Auflagen gebunden. Die Flexibilität ist höher als bei einer Stiftung. Schenkungsteuer fällt an, wobei der Wert der Auflage mindernd wirken kann. Die Kosten sind deutlich geringer. Eine einfachere Alternative, wenn spezifische, zeitlich begrenzte Zwecke verfolgt werden sollen, ohne den umfassenden Schutz einer Stiftung.
  • Testament mit Dauertestamentsvollstreckung (§ 2209 BGB): Der Erblasser legt fest, dass der Nachlass für einen bestimmten Zeitraum (maximal 30 Jahre, Ausnahmen möglich) von einem Testamentsvollstrecker verwaltet wird. Die Erben bleiben Eigentümer, ihre Verfügungsmacht ist aber eingeschränkt. Erbschaftsteuer fällt regulär an. Die Vergütung des Testamentsvollstreckers kann erheblich sein. Eine Alternative zur langfristigen Verwaltung, wenn eine "ewige" Bindung nicht gewünscht ist oder um unerfahrene Erben zu schützen.
  • Vermögensverwaltende GmbH / Holding (vvGmbH): Die Kontrolle liegt bei den Gesellschaftern bzw. der Geschäftsführung. Anteile sind frei vererbbar und veräußerbar, was hohe Flexibilität ermöglicht. Laufende Besteuerung mit Körperschaftsteuer und in der Regel auch Gewerbesteuer, was insgesamt höher sein kann als bei einer rein vermögensverwaltenden Stiftung. Keine Erbersatzsteuer. Gründungsdauer und -kosten sind meist geringer als bei einer Stiftung. Oft flexibler und für bestimmte aktive Vermögensverwaltungsstrategien besser geeignet.
  • Familiengesellschaft (GmbH & Co. KG/GbR/KG, "Familienpool"): Das Familienvermögen wird in einer Personengesellschaft gebündelt und von den Familienmitgliedern als Gesellschafter gemeinsam verwaltet. Der Gesellschaftsvertrag bietet hohe Flexibilität. Die Besteuerung der Erträge erfolgt transparent auf Ebene der Gesellschafter. Keine Erbersatzsteuer. Schenkungsteuerfreibeträge können durch sukzessive Anteilsübertragungen mehrfach genutzt werden. Geringere Gründungs- und Verwaltungskosten. Bietet Gemeinschaftlichkeit und hohe Flexibilität, aber geringeren Schutz als eine Stiftung.
Die Wahl des passenden Instruments hängt von einer detaillierten Analyse der individuellen Ziele, der Vermögensstruktur, der Familienkonstellation und der persönlichen Risikobereitschaft ab. Es ist auch wichtig zu erkennen, dass sich diese Instrumente nicht zwingend gegenseitig ausschließen und in komplexen Gestaltungen kombiniert werden können, um eine maßgeschneiderte Lösung zu erzielen.
Grafik zur Bindungsintensität beim Vermögenserhalt: Vergleich zwischen flexibler Nachfolgeregelung per Testament und Gesellschaftsvertrag, mittlerer Bindung durch Familienpoolstrukturen (GbR, GmbH, GmbH & Co. KG) und hoher Vermögensbindung durch Stiftungen wie Familienstiftung oder gemeinnützige Stiftung.

9. Schlussbetrachtung und Fazit

Die deutsche privatnützige Familienstiftung ist ein facettenreiches und potentes Instrument der langfristigen Vermögensstrukturierung und Nachfolgeplanung. Ihre charakteristischen Merkmale – die juristische Verselbstständigung des Vermögens, der auf Dauer angelegte Zweck und die Möglichkeit, den Willen des Stifters über Generationen hinweg zu implementieren – bieten signifikante Vorteile. Dazu zählen insbesondere der Schutz des Familienvermögens vor Zersplitterung und externen Zugriffen, die kontinuierliche Versorgung von Familienangehörigen und die Sicherung der Kontinuität von Familienunternehmen. Die steuerliche Behandlung, obgleich komplex und mit der spezifischen Belastung der Erbersatzsteuer versehen, kann bei sorgfältiger Gestaltung und insbesondere bei der Verwaltung von Immobilien- und Kapitalvermögen zu einer im Vergleich günstigeren laufenden Steuerlast führen.
Demgegenüber stehen jedoch nicht unerhebliche Herausforderungen und Nachteile. Die Errichtung einer Familienstiftung ist ein kosten- und zeitintensiver Prozess, der eine hohe Expertise in rechtlichen und steuerlichen Fragen erfordert. Der Stifter muss bereit sein, die direkte Verfügungsgewalt über das eingebrachte Vermögen endgültig aufzugeben. Die einmal festgelegte Satzung ist nur unter strengen Voraussetzungen änderbar, was eine hohe Starrheit des Konstrukts bedingt. Die periodisch anfallende Erbersatzsteuer erfordert eine langfristige Liquiditätsplanung, und die laufenden Verwaltungskosten können insbesondere bei kleineren Stiftungsvermögen die Erträge belasten.
Die Eignung einer Familienstiftung ist daher keine pauschale Frage, sondern muss im Einzelfall unter Berücksichtigung der spezifischen Ziele des Stifters, der Art und Höhe des Vermögens, der familiären Situation und der Bereitschaft zur Akzeptanz der inhärenten Bindungen und Kosten sorgfältig geprüft werden. Sie ist kein Allheilmittel, sondern eine spezialisierte Lösung für bestimmte, meist größere und auf Langfristigkeit ausgerichtete Vermögenskonstellationen.
Die Stiftungsrechtsreform 2023 hat zu einer begrüßenswerten Vereinheitlichung und Modernisierung des Stiftungszivilrechts beigetragen und insbesondere im Bereich der Organhaftung und der Möglichkeiten von Strukturänderungen mehr Rechtsklarheit geschaffen. Dennoch bleibt die Familienstiftung ein anspruchsvolles Gestaltungsinstrument, dessen erfolgreiche Implementierung eine umfassende, vorausschauende Planung und professionelle Beratung unabdingbar macht. Alternativen wie der Nießbrauch, die Schenkung unter Auflagen, die Dauertestamentsvollstreckung oder gesellschaftsrechtliche Lösungen (vvGmbH, Familienpool) können je nach individueller Präferenz und Zielsetzung geeigneter sein oder in Kombination mit einer Stiftung eine optimierte Gesamtstrategie ergeben.
Letztlich ist die Entscheidung für eine Familienstiftung eine weitreichende Weichenstellung, die das Ergebnis einer tiefgehenden Auseinandersetzung mit den eigenen Zielen und den komplexen rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen sein sollte. Nur so kann sichergestellt werden, dass dieses traditionsreiche Instrument auch in der modernen Vermögensnachfolge seine positiven Wirkungen entfalten kann.
Autor: Rico Müller
Geschäftsführer & Stiftungsberater

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