MÜLLER ADVISORY GROUP

Praxisstruktur und Vermögensschutz für Ärzte

So strukturieren Ärzte Praxis und Vermögen ohne GmbH

Als Arzt oder Ärztin in Deutschland stehen Sie nicht nur vor medizinischen Herausforderungen, sondern auch vor wichtigen unternehmerischen Entscheidungen. Die richtige Strukturierung Ihrer Praxis und Ihres Privatvermögens ist entscheidend für Haftungsschutz, Steueroptimierung und die langfristige Sicherung Ihrer Werte – insbesondere, wenn Sie die Gründung einer GmbH vermeiden möchten. Doch welche Alternativen gibt es, und wie navigieren Sie durch die komplexen berufsrechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen? Dieser Beitrag beleuchtet praxistaugliche Optionen.

Das Fundament: Der Freiberuflerstatus und seine Vorteile

Als Arzt zählen Sie in der Regel zu den Freiberuflern nach § 18 EStG. Dieser Status bringt gewichtige Vorteile mit sich:
  • Keine Gewerbesteuer: Im Gegensatz zu Gewerbetreibenden zahlen Sie als Freiberufler keine Gewerbesteuer.
  • Vereinfachte Gewinnermittlung: Oftmals genügt eine Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) anstelle der aufwendigeren doppelten Buchführung.
Diese Privilegien gilt es bei allen Strukturierungsüberlegungen im Blick zu behalten. Die Gründung einer Kapitalgesellschaft wie einer GmbH würde nicht nur zum Verlust dieser steuerlichen Vorteile führen, sondern ist für viele Ärzte aufgrund strenger berufsrechtlicher Vorgaben (z.B. hinsichtlich Gesellschafterkreis, Geschäftsführung und Mehrheitsverhältnissen) ohnehin nur sehr eingeschränkt oder gar nicht möglich.

Strukturierung der Arztpraxis: Alternativen zur GmbH

Auch ohne GmbH gibt es verschiedene Rechtsformen, um Ihre ärztliche Tätigkeit auszuüben:
  • Das Einzelunternehmen: Die einfachste und häufigste Form für allein praktizierende Ärzte. Sie bietet volle Kontrolle und direkte Gewinnzuordnung. Der Nachteil: Sie haften unbeschränkt mit Ihrem gesamten Privat- und Geschäftsvermögen.
  • Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR): Beliebt für Berufsausübungsgemeinschaften (BAG) oder Praxisgemeinschaften. Die Gründung ist formlos möglich, doch alle Gesellschafter haften unbeschränkt und gesamtschuldnerisch. Das MoPeG (Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts) hat seit 2024 einige Formalisierungen für die GbR gebracht, wie das optionale Gesellschaftsregister für die eGbR.
  • Die Partnerschaftsgesellschaft (PartG): Speziell für Freiberufler konzipiert.
  • Standard-PartG: Bei Berufsfehlern kann die Haftung auf den handelnden Partner konzentriert werden, ansonsten gilt die gesamtschuldnerische Haftung.
  • PartG mit beschränkter Berufshaftung (PartG mbB): Dies ist oft die beste Wahl zur Haftungsbegrenzung für Berufsfehler innerhalb einer Personengesellschaft. Voraussetzung ist eine entsprechend hohe Berufshaftpflichtversicherung. Die Haftung für berufliche Fehler ist dann auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt. Für allgemeine Verbindlichkeiten (Miete, Kredite) haften die Partner jedoch weiterhin persönlich.
  • Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ): Ein MVZ ist eher ein Organisationsmodell und kann in verschiedenen Rechtsformen wie GbR oder PartG (oder auch GmbH) betrieben werden. Es ermöglicht umfassendere Kooperationen und die Anstellung von Ärzten.

Vermögensstrukturierung und -schutz: Familienstiftung und Familienpool

Neben der Praxisstruktur ist die Sicherung und Verwaltung Ihres privaten Vermögens ein zentrales Thema.

1. Die Familienstiftung: Langfristiger Schutz und Versorgung

Eine Familienstiftung dient dem dauerhaften Erhalt des Familienvermögens und der Versorgung der Familie.
Funktionsweise: Vermögen (Barvermögen, Immobilien, Wertpapiere) wird auf die Stiftung übertragen, die dann "sich selbst gehört".
Gründung: Erfordert ein Mindestvermögen (oft ab 100.000 Euro ), eine detaillierte Satzung und staatliche Anerkennung.
Wichtig für Ärzte: Eine direkte Übertragung der aktiven Arztpraxis in eine Stiftung ist berufsrechtlich meist nicht möglich. Die Stiftung eignet sich daher primär für:
  • Verwaltung von Privatvermögen.
  • Halten und Vermieten von Praxisimmobilien oder teuren medizinischen Geräten an Ihre Praxis.
  • Gewährung von Darlehen an die Praxis.
Besteuerung:
  • Laufende Erträge der Stiftung (z.B. Mieten, Kapitalerträge) werden mit nur 15 % Körperschaftsteuer (+ Soli) besteuert.
  • Gewinne aus Aktienverkäufen können sehr günstig besteuert werden (effektiv ca. 0,75 % dank § 32d EStG ).
  • Verkauf von Immobilien nach 10 Jahren ist steuerfrei.
  • Ausschüttungen an Familienmitglieder (Destinatäre) unterliegen der Abgeltungsteuer (25 % + Soli) oder dem persönlichen Einkommensteuersatz.
  • Erbersatzsteuer: Alle 30 Jahre wird das Stiftungsvermögen einer fiktiven Erbschaftsteuer unterworfen. Dies ist ein Kostenfaktor, der eingeplant werden muss – kann aber z. B. durch eine Treuhandstiftung vermieden werden. Zudem gibt es einen pauschalen Freibetrag von 800.000 €.
Vorteile: Langfristiger Vermögensschutz (Gläubiger, Scheidung), potenziell niedrigere laufende Steuer, strukturierte Nachfolge.
Nachteile: Verlust der direkten Verfügungsgewalt, Erbersatzsteuer, berufsrechtliche Hürden für Praxisübertragung.
Struktur einer Familienstiftung mit Arzt als Stifter und Stiftungsvorstand, Ehefrau und vier Kindern im Aufsichtsrat sowie als Destinatäre; die Stiftung verwaltet Immobilien, Aktien und Beteiligungen zur langfristigen Vermögenssicherung, Nachfolgeplanung und steueroptimierten Vermögensverwaltung über Generationen

2. Die Familiengesellschaft (Familienpool): Flexibel Vermögen verwalten und übertragen

Ein Familienpool, oft als vermögensverwaltende GbR oder KG (Kommanditgesellschaft) gestaltet, dient der gemeinsamen Verwaltung von Familienvermögen, der schrittweisen Vermögensübertragung und der Steueroptimierung.
GbR oder KG? Für Familienpools wird oft die KG bevorzugt. Hier können Eltern als Komplementäre die Kontrolle behalten und unbeschränkt haften, während Kinder als Kommanditisten nur mit ihrer Einlage haften und nicht aktiv in der Geschäftsführung tätig sind.
Steuerliche Aspekte:
  • Einkommenssplitting: Einkünfte (z.B. aus Vermietung) werden den Gesellschaftern zugeordnet und von diesen versteuert. Dies kann die Gesamtsteuerlast der Familie senken, wenn Kinder geringere Steuersätze haben.
  • Vermeidung der Gewerblichkeit: Entscheidend ist, dass der Familienpool rein vermögensverwaltend tätig ist, um die Gewerbesteuerpflicht zu vermeiden. Eine "gewerbliche Infizierung" durch auch nur geringe gewerbliche Tätigkeiten muss unbedingt verhindert werden.
  • Erbschaft-/Schenkungsteuer: Anteile können schrittweise unter Nutzung der Freibeträge (z.B. 400.000 Euro pro Kind von jedem Elternteil alle 10 Jahre) übertragen werden. Zukünftige Projekte können zudem direkt über den Familienpool erworben werden – so lässt sich die Erbschaftsteuer auf diese Vermögenswerte von Anfang an komplett vermeiden. Gleichzeitig bleibt die Kontrolle über das Vermögen durch geeignete gesellschaftsvertragliche Regelungen weiterhin vollständig bei den Eltern.
Einbeziehung Minderjähriger: Erfordert oft die Bestellung eines Ergänzungspflegers und ggf. die Genehmigung des Familiengerichts.
Vorteile: Flexible Vermögensverwaltung, Nachfolgegestaltung, Einkommensteueroptimierung, Nutzung von Schenkungssteuerfreibeträgen, Vermögensschutz vor Einzelgläubigern der Gesellschafter.
Nachteile: Risiko der gewerblichen Infizierung, bei der GbR unbeschränkte Haftung aller.
Struktur eines Familienpools als KG mit Arzt und Ehefrau als Komplementäre sowie drei Kindern als Kommanditisten; die Familien-KG bündelt gemeinschaftlich verwaltetes Vermögen in Form von Aktien und Immobilien zur steueroptimierten Nachfolgeplanung und Vermögenssicherung.

Wichtige Überlegungen für Ärzte

  • Berufsrecht beachten: Die ärztliche Tätigkeit unterliegt strengen berufsrechtlichen Vorgaben (Musterberufsordnung der Ärzte, Heilberufe-Kammergesetze der Länder). Diese schränken insbesondere die Beteiligung berufsfremder Dritter (wie einer Stiftung) an der Praxis oder deren Gewinnen stark ein.
  • Trennung von Praxis und Privatvermögen: Eine klare Trennung zwischen der ärztlichen Tätigkeit und der privaten Vermögensverwaltung ist essenziell, um steuerliche und rechtliche Fallstricke zu vermeiden.
  • Keine Universallösung: Die "perfekte" Struktur gibt es nicht. Die Wahl hängt von Ihren individuellen Zielen, Ihrer familiären Situation, der Art und dem Umfang Ihres Vermögens sowie Ihrer Risikobereitschaft ab.

Fazit: Maßgeschneiderte Planung ist unerlässlich

Die Strukturierung von Arztpraxis und Privatvermögen ohne GmbH bietet vielfältige Möglichkeiten, erfordert aber eine sorgfältige Planung. Ob Einzelunternehmen, PartG mbB für die Praxis, eine Familienstiftung für den langfristigen Vermögenserhalt oder ein flexibler Familienpool – jede Option hat spezifische Vor- und Nachteile.
Aufgrund der Komplexität und der weitreichenden Konsequenzen ist eine individuelle Beratung durch auf Heilberufe spezialisierte Berater unerlässlich. Nur so können Sie eine maßgeschneiderte Lösung entwickeln, die Ihren Zielen optimal entspricht und Sie rechtlich sowie steuerlich auf sicheren Boden stellt.
Autor: Rico Müller
Geschäftsführer

Sie möchten wissen, welches Modell zu Ihrer Vermögenssituation passt?

Lassen Sie sich professionell beraten, bevor Sie durch Unwissen hohe Steuerlasten und Haftungsrisiken riskieren.
Disclaimer: Die Inhalte dieses Blogs dienen ausschließlich der allgemeinen Information und stellen keine steuerliche, rechtliche oder finanzielle Beratung im Einzelfall dar. Trotz sorgfältiger Recherche übernehmen wir keine Gewähr für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der bereitgestellten Informationen. Vor der Umsetzung konkreter Maßnahmen empfehlen wir ausdrücklich die individuelle Beratung durch einen Steuerberater, Rechtsanwalt oder entsprechenden Fachexperten. Für Entscheidungen, die auf Grundlage der Inhalte dieser Seite getroffen werden, übernehmen wir keine Haftung.