MÜLLER ADVISORY GROUP

Wegzugsbesteuerung legal vermeiden

Die 7 effektivsten Strategien für GmbH-Gesellschafter

Die Wegzugsbesteuerung kann bei einem geplanten Wegzug aus Deutschland zum steuerlichen Fiasko werden – insbesondere für Unternehmer, Investoren und GmbH-Gesellschafter. Doch es gibt rechtssichere und erprobte Gestaltungsmodelle, mit denen sich diese Steuerlast vermeiden oder minimieren lässt.
In diesem Beitrag erfahren Sie:
  • was die Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG ist,
  • wer davon betroffen ist,
  • und vor allem: mit welchen 7 Strategien Sie legal und strukturiert die Wegzugsteuer vermeiden können.

Was ist die Wegzugsbesteuerung und wann greift sie?

Die Wegzugsbesteuerung (§ 6 AStG) betrifft natürliche Personen, die mehr als 1 % an einer Kapitalgesellschaft (z. B. GmbH, UG, AG) halten und ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt aus Deutschland ins Ausland verlegen. In diesem Fall unterstellt das Finanzamt einen fiktiven Verkauf der Anteile zum aktuellen Verkehrswert – und erhebt darauf Einkommensteuer auf den nicht realisierten Veräußerungsgewinn.
Doch was genau bedeutet es eigentlich, den Wohnsitz ins Ausland zu verlegen?
  • Wer seinen inländischen Wohnsitz aufgibt, also keine dauerhaft zum Wohnen geeignete Immobilie mehr in Deutschland besitzt oder nutzt,
  • und/oder seinen Lebensmittelpunkt, d. h. den gewöhnlichen Aufenthalt, ins Ausland verlagert,
gilt nach deutschem Steuerrecht nicht mehr als unbeschränkt steuerpflichtig.
Das kann auch dann der Fall sein, wenn Sie regelmäßig über längere Zeiträume im Ausland leben, etwa in einem Ferienhaus oder einer gemieteten Wohnung – selbst ohne formelle Abmeldung in Deutschland. Sobald das Finanzamt davon ausgeht, dass Deutschland das Besteuerungsrecht an Ihren Beteiligungen verliert, wird die Wegzugsbesteuerung ausgelöst.
Beispiel:
Ein Unternehmer mit 100 % an einer GmbH mit einem Unternehmenswert von 1,5 Mio. € muss bei Wegzug rund 28 % auf den fiktiven Veräußerungsgewinn zahlen – also etwa 420.000 € – obwohl real kein Verkauf stattfindet.

Die 7 besten Strategien zur Vermeidung der Wegzugsbesteuerung

1. Formwechsel in eine Personengesellschaft (z. B. GmbH & Co. KG)

Ein bewährter Weg ist die Umwandlung der GmbH in eine GmbH & Co. KG per steuerneutralem Formwechsel. Damit wird aus der Kapital- eine Personengesellschaft – und diese unterliegt nicht der Wegzugsbesteuerung.
Vorteil: Keine Steuer auf fiktive Gewinne beim Wegzug.
Vorsicht: Bei hohen Gewinnvorträgen greift § 7 UmwStG – fiktive Ausschüttung kann Kapitalertragsteuer auslösen.

2. Zwischenschaltung einer gewerblich tätigen GmbH & Co. KG – inklusive Doppelholding-Variante und Familienpool-Option

Eine der effektivsten Strategien zur Vermeidung der Wegzugsbesteuerung ist die Zwischenschaltung einer GmbH & Co. KG zwischen Unternehmer und operativer GmbH. Besonders wirkungsvoll wird diese Gestaltung, wenn sie als sogenannte Doppelholding-Struktur umgesetzt wird – oder alternativ im Rahmen eines Familienpools, der mehr Flexibilität als eine Stiftung bietet.
Die Grundstruktur:
Der Unternehmer gründet eine GmbH & Co. KG, in die er seine Anteile an der operativen GmbH einbringt. Die GmbH & Co. KG hält entweder:
  • direkt die operative GmbH (klassische Struktur), oder
  • eine Holding-GmbH, die wiederum die operative Gesellschaft führt (Doppelholding-Modell).
Damit hält der Unternehmer selbst keine Anteile mehr an einer Kapitalgesellschaft, sondern ist nur noch Kommanditist einer Personengesellschaft. Das Außensteuergesetz greift somit nicht, und eine Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG wird nicht ausgelöst, sofern die Betriebsstätte der GmbH & Co. KG in Deutschland bleibt.
Doppelholding-Modell für thesaurierende Unternehmer: Das Doppelholding-Modell ist besonders sinnvoll für Unternehmer, die nicht sofort Gewinne ausschütten, sondern innerhalb der Struktur steueroptimiert reinvestieren möchten. In dieser Variante wird zwischen GmbH & Co. KG und operativer GmbH eine Holding-GmbH eingezogen.
Die Vorteile:
  • Ausschüttungen aus der operativen GmbH an die Holding-GmbH unterliegen nur einer Steuerbelastung von etwa 1,5 %.
  • Die Gewinne können in der Holding-GmbH weitgehend steuerfrei thesauriert, reinvestiert oder für Rücklagenbildung genutzt werden.
  • Eine Ausschüttung an die GmbH & Co. KG erfolgt nur bei Bedarf, was die Versteuerung auf Ebene der Personengesellschaft stark reduziert.
  • Der Unternehmer kann über die KG weiterhin die Kontrolle über sämtliche Strukturen ausüben – operativ, strategisch und finanziell.
  • Der spätere Rückumzug der KG in eine GmbH ist ebenfalls möglich, etwa nach einem Wegzug, um wieder volle Kapitalgesellschaftsstruktur zu erreichen.
Diese Konstellation verbindet damit Wegzugsschutz, Thesaurierungseffizienz und volle Kontrolle in einem durchdachten System.
Familienpool als flexiblere Alternative zur Stiftung: Wer familiäre Nachfolge, Asset Protection und Wegzugsbesteuerung zugleich abdecken will, für den kann die GmbH & Co. KG auch als Familienpool-Modell ausgestaltet werden.
Hierbei werden mehrere Familienmitglieder an der KG beteiligt – etwa Kinder, Ehepartner oder Geschwister – und erhalten abgestufte Kommanditanteile. Die operative Steuerung bleibt typischerweise beim Patriarchen oder der Patriarchin über die Komplementär-GmbH.
Warum der Familienpool oft flexibler ist als eine Stiftung:
  • Im Gegensatz zur Stiftung sind Änderungen der Beteiligtenstruktur jederzeit möglich, z. B. bei Eheschließungen, Erbfällen oder Rückübertragungen.
  • Es gibt keine rigide Bindung an einen Stiftungszweck oder Destinatärskreis.
  • Die Struktur ist steuerlich und rechtlich deutlich günstiger und einfacher umsetzbar als eine Familienstiftung.
  • Der Familienpool kann – wie bei der Holdingstruktur – wegzugssteuerschonend gestaltet werden, da die Gesellschafter nicht direkt Anteile an einer Kapitalgesellschaft halten.
  • Gleichzeitig eignet sich der Pool für Schenkungs- und Nachfolgeplanung durch gezielte Übertragungen und Abfindungsregelungen im Gesellschaftsvertrag.
Wichtig ist, dass der Familienpool klar organisiert wird und die GmbH & Co. KG als gewerblich geprägte Personengesellschaft strukturiert ist, um die gewünschte steuerliche Wirkung zu erzielen.
Struktur eines Familienpools über eine GmbH & Co. KG mit Unternehmer, Ehefrau und drei Kindern als Kommanditisten. Die GmbH & Co. KG hält eine Holding GmbH, eine Immobiliengesellschaft sowie eine operative GmbH. Geschäftsführer der GmbHs ist jeweils der Unternehmer.

3. Gründung einer Familienstiftung

Eine Familienstiftung ist ein besonders effektives und langfristig tragfähiges Mittel zur Vermeidung der Wegzugsbesteuerung. Denn: Die Stiftung ist keine Kapitalgesellschaft im klassischen Sinne und hat keine Gesellschafter. Sie ist eine eigenständige juristische Person, die vom Stifter mit Vermögen (z. B. GmbH-Anteilen) ausgestattet wird und dieses dauerhaft für festgelegte Zwecke verwaltet – z. B. die Versorgung der Familie.
Da beim Wegzug des Stifters kein fiktiver Anteilsverkauf stattfinden kann, weil er keine Anteile mehr hält, entfällt die Wegzugsbesteuerung vollständig.
Steuerliche Vorteile der Familienstiftung:
  • 15 % Körperschaftsteuer, keine Gewerbesteuer (bei rein vermögensverwaltender Stiftung)
  • Veräußerungsgewinne von GmbH-Anteilen nahezu steuerfrei (§ 8b KStG)
  • Erbersatzsteuer nur alle 30 Jahre, mit einem Freibetrag von 800.000 €
  • Auszahlungen an die Familie (Destinatäre) unterliegen pauschal der Kapitalertragsteuer (25 %)
Was viele übersehen: Geschäftsleitung muss in Deutschland bleiben
Ein häufiger Irrtum ist, dass man nach Gründung der Stiftung einfach ins Ausland ziehen kann – ohne weitere Verpflichtungen. Doch das stimmt so nicht ganz:
Die Stiftung gilt nur dann als in Deutschland ansässig (und somit steuerlich begünstigt), wenn sich ihre Geschäftsleitung im Inland befindet. Das bedeutet: Die wesentlichen Entscheidungen müssen in Deutschland getroffen werden – andernfalls könnte das Besteuerungsrecht ins Ausland übergehen und erhebliche steuerliche Nachteile entstehen.
Die Lösung: In der Praxis reicht es oft aus, ein zentrales Stiftungsmeeting pro Jahr in Deutschland abzuhalten, bei dem protokollierte Beschlüsse durch den Stiftungsvorstand oder Beirat gefasst werden. Dieses Meeting sollte glaubhaft dokumentieren, dass die operative Willensbildung weiterhin von Deutschland aus erfolgt.
Struktur einer Familienstiftung mit Unternehmer als Stifter und Stiftungsvorstand, Ehefrau und vier Kinder im Aufsichtsrat und als Destinatäre. Die Familienstiftung hält eine operative GmbH, eine Immobilien GmbH sowie eine Villa am Comer See. Geschäftsführer der GmbHs ist der Unternehmer.

4. Schenkung der Anteile mit Nießbrauchvorbehalt

Die Schenkung der Anteile an in Deutschland ansässige Familienmitglieder, z. B. Kinder, kann die Wegzugsbesteuerung umgehen. Mit einem Nießbrauchvorbehalt sichern Sie sich weiterhin Ausschüttungen und Kontrolle.
Achtung: Schenkungsteuer kann anfallen. Daher Freibeträge und Bewertungen genau prüfen.

5. Verkauf an eigene Holding mit Besserungsschein (EUR 1-Modell)

Die operative GmbH wird für symbolisch 1 € an eine selbst gegründete Holding-GmbH verkauft. Die Differenz wird über einen Besserungsschein geregelt. Da die Holding die GmbH hält, ist der Verkehrswert der Beteiligung „künstlich“ niedrig.
Aber: Sie bleiben Gesellschafter der Holding – und sind bei Wegzug dennoch beschränkt steuerpflichtig in Deutschland.

6. Wohnsitzmanagement: Steuerpflicht behalten

Eine scheinbar einfache Lösung: Wohnsitz in Deutschland formell behalten, etwa durch Nutzung der Immobilie oder Teilnahme am sozialen Leben. So bleibt die unbeschränkte Steuerpflicht bestehen, auch bei temporärem Auslandssitz.
Nachteil: Weiterhin volle Besteuerung auf Dividenden und Veräußerungsgewinne in Deutschland.

7. Temporärer Wegzug mit Rückkehroption (7-Jahres-Regel)

Wird innerhalb von 7 Jahren nach Wegzug wieder ein steuerlicher Wohnsitz in Deutschland begründet, entfällt die Wegzugsteuer rückwirkend – sofern keine Veräußerung oder Ausschüttungen erfolgt sind.
Kritisch: Diese Regelung muss aktiv beantragt und nachgewiesen werden.

Fazit: Ohne durchdachte Struktur kein sicherer Wegzug

Die Wegzugsbesteuerung ist eine reale Bedrohung für viele vermögende Unternehmer. Doch mit der richtigen Strategie – sei es durch Stiftung, Holdingstruktur, Formwechsel, oder Nießbrauchmodelle – lässt sich diese Steuerlast entweder vollständig vermeiden oder deutlich reduzieren.
Wichtig ist dabei: Jeder Fall ist individuell. Internationale Steuerplanung erfordert Expertise, Weitblick und rechtssichere Umsetzung.
Autor: Rico Müller
Geschäftsführer

Sie planen den Wegzug ins Ausland mit Ihrer GmbH?

Lassen Sie sich professionell beraten, bevor Sie durch Unwissen hohe Steuerlasten riskieren.
Disclaimer: Die Inhalte dieses Blogs dienen ausschließlich der allgemeinen Information und stellen keine steuerliche, rechtliche oder finanzielle Beratung im Einzelfall dar. Trotz sorgfältiger Recherche übernehmen wir keine Gewähr für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der bereitgestellten Informationen. Vor der Umsetzung konkreter Maßnahmen empfehlen wir ausdrücklich die individuelle Beratung durch einen Steuerberater, Rechtsanwalt oder entsprechenden Fachexperten. Für Entscheidungen, die auf Grundlage der Inhalte dieser Seite getroffen werden, übernehmen wir keine Haftung.